Daniel Siegmund

Daniel SiegmundTiming ist alles. Auch in der Biografie. Und mein biografisches Timing ist denkbar schlecht: Wer – wie ich – Anfang der 2010er Jahre seine Karriere als Journalist und Musiker so richtig an den Start bringen will, hat eigentlich alles falsch gemacht. Mitten in den heftigsten Krisen der Print- und Musikindustrie seit, äh, immer, vergeht die Anfangseuphorie schnell.

Stell dir vor, du kommst mit Rollkoffer, Schlafsack, Gastgeschenk und ganz viel Vorfreude in einer fremden Stadt an, und aus dem Haus, in dem du schlafen sollst, quellen dicke Rauchwolken, und rußbeschmierte Menschen rennen schreiend heraus: “Lauf! Rette sich, wer kann!” That’s me. Also der Rollkoffer-Typ.

Nicht, dass ich hier im Selbstmitleid schwelgen will. Man weiß erst, dass man etwas wirklich machen will, wenn keine Chance auf Ruhm und Reichtum besteht – und man es trotzdem noch will. So hatte ich gleich zu Beginn meiner “Karriere” (höhöhö) den Gratis-Lackmustest. Will ich das WIRKLICH? Und ja: Printkrise hin, brotloses Musikerdasein her, ich will schreiben und Musik machen. Ganz besonders gerne will ich über Musik schreiben. (Notiz an mich selbst: Vielleicht sollte ich auch mal zu Zeitungsartikeln jammen?)

Jedenfalls kann es auch ein Segen sein, wenn Branchen, in denen es um Kreativität geht, mal ordentlich durchgerüttelt werden, denn zu viel Routine und Etabliertheit schadet der Schaffenskraft.

Deshalb bin ich extrem dankbar, dass Marvin mich an Bord von Weltenschummler geholt hat. Online, klein, mobil, frei: So kann man was reißen. Keine dröge Hierarchie, keine journalistischen Genres, keine riesige, unbewegliche Struktur. Hier können wir – ganz im Sinne von Gonzo – einfach erstmal machen. Wir schreiben einfach, was wir denken und spannend finden – und schauen, was passiert. Und das tollste: Menschen können das direkt lesen. Und manche tun es sogar. Ich finde das sehr inspirierend. Vielleicht kommt dabei viel Grütze raus. Vielleicht können wir hier aber auch dazu beitragen, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Kunst und Journalismus, Subjektivität und Objektivität, Gut und Böse, … ein bisschen mehr verschwimmen – und die Welt so ein bisschen weniger schubladig und ein bisschen interessanter wird.

Um im Bild zu bleiben: Ich kampiere mit Schlafsack, Rollkoffer und Gastgeschenk im Vorgarten des brennenden Hauses und röste Marshmallows über den Flammen. Und dann wollen wir doch mal sehen, ob man nicht was spannendes aus den Trümmern bauen kann, sobald alles niedergebrannt ist.

Jedenfalls: Gutes Timing, Marvin. Danke!

Stay Gonzo, y’all.


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Musik von/mit Daniel Siegmund:
Kreismal (Alternative Rock)
Loipe (Instrumental Doom/Post-Rock/Sludge)
[~] (Instrumental Post-Rock/Ambient)

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